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Voraussetzungen für eine vegane Ernährung

Posted on 19 Jan 2015 by Rolf Meyer

Ernährungswissenschaftlerin Dr. Mareike Großhauser:

Vegane Ernährung erhöht das Risiko einer Mangelernährung

„Eine vegane Ernährungsweise reduziert zunächst die klassische Lebensmittelauswahl und erhöht damit das Risiko einer Unterversorgung für bestimmte Nährstoffe. Deshalb ist es ratsam, die Zufuhr von Energie (nach Gewichtsschwankungen fragen!), Eiweiß, Eisen, Zink, Kalzium, Vitamin B12, Jod, Eicosapentaen­ und Docosahexaensäure (beides langkettige Omega-3-Fettsäuren) im Auge zu behalten.“

Eiweiß

„Wird – wie bei einer veganen Ernährung – auf tierische Eiweißlieferanten verzichtet, so ist Sojaeiweiß aufgrund von Menge und Zusammensetzung sehr zu empfehlen. Liegen allerdings gesundheitliche Probleme wie eine Birkenpollenallergie oder sogar Asthma vor, muss vor dem Verzehr von Soja gewarnt werden, da im Sinne einer Kreuzreaktion ähnliche Symptome und Beschwerden ausgelöst werden können. Schätzungen zufolge ist jeder 10. Birkenpollenallergiker auch von einer Sojaallergie betroffen. Festzustellen ist dies mit den üblichen Prick- und RAST-Tests, ggf. kann auch eine orale Provokation unter fachlicher Aufsicht erfolgen….Sehr wertvolle Eiweißkombinationen sind Vollkorngetreideprodukte mit Mais, Erdnüsse mit anderen Hülsenfrüchten oder Sojaprodukte mit Sesam, weil sie die biologische Wertigkeit des pflanzlichen Eiweißes erhöhen.“

Überprüfung der Schilddrüsenfunktion

„Insbesondere Frauen und Kinder sollten die Funktion der Schilddrüse überprüfen lassen, bevor sie regelmäßig und bevorzugt zu Sojaprodukten greifen. Studien haben gezeigt, dass sich der Verzehr von Soja negativ auf die Aufnahme von Schilddrüsenhormonen auswirken kann. Hinzu kommt die Tatsache, dass der Konsum von Milch und Milchprodukten über 50% der Jodversorgung sicherstellt, was bei Veganern wegfällt. Deshalb sollte bei ihnen auch der Jodzufuhr ausreichend Aufmerksamkeit geschenkt werden.“

Fettsäuren

„Langkettige Omega-3-Fettsäuren wie Eicosapentaen- und Docosahexaensäure (EPA und DHA) spielen teilweise als Gewebshormone für Entzündungs- und Immunreaktionen sowie für das Nervengewebe und die Augennetzhaut eine bedeutende Rolle. Sie stammen üblicherweise aus fettem Seefisch. Pflanzliche Lebensmittel enthalten im Gegensatz zu Lachs, Thunfisch, Makrele etc. die kürzerkettige Omega-3-Fettsäure a-Linolensäure, doch die Umwandlungsquote des Körpers in EPA ist gering.

Welche Alternativen gibt es? Das Öl der Mikroalge Schizochytrium sp. liefert als pflanzliches Lebensmittel DHA, während Braunalgen EPA enthalten. Mittlerweile sind Pflanzenöle, die mit DHA aus Algen angereichert sind, im Handel erhältlich. Walnüsse, geschroteter Leinsamen, Avocados, Chiasamen (maximale Dosis pro Tag: 15 g), Hanfsamen, Sonnenblumen­ ader Kürbiskerne sind besonders gute Lieferanten der a-Linolensäure. Auf eine bevorzugte Verwendung von kaltgepresstem Leinöl für die kalte sowie von raffiniertem Rapsöl für die warme Speisenzubereitung sollte explizit hingewiesen werden. Von den wertvollen Pflanzenölen sollten täglich 2-4 EL pro Person zugeführt werden.“

Eisen und Zink

Vitamin C erhöht die Eisenaufnahme

„Hinsichtlich der Mikronährstoffversorgung können Engpässe für die Mineralstoff Eisen und Zink entstehen, die allerdings durch clevere Ernährungsstrategien verringert werden können. Dazu gehören beispielsweise der gleichzeitige Verzehr von Vitamin C oder Fruchtzucker, z.B. in Obst oder Fruchtsäften, und Getreideflocken oder Vollkornbackwaren, um die Eisenaufnahme zu fördern.“

Bei Menschen mit schlechtem Eisen- und Zinkstatus: kein Kaffee, Schwarz- und Grüntee zusammen mit Müsli oder Vollkornbackwaren

„Denn Phytinsäure (v.a. in Kleie, Vollkornprodukten und Hülsenfrüchten), Schwarz- und Grüntee, Kaffee, Soja- und Milcheiweiß, Phosphate, Kalzium, Oxalate und auch Übergewicht erschweren die Eisen- und teilweise auch die Zinkaufnahme aus pflanzlichen Lebensmitteln.“

Kalzium

„Grüne Gemüsesorten und Tahin (Sesammus) sind gute Kalziumlieferanten. Wer sich vegan ernähren möchte, sollte auf eine ausreichende Zufuhr von Gemüse (mindestens 400 g/Tag), Obst (mindestens 300 g/Tag), Vollkorngetreideprodukten, Kartoffeln, Ölsaaten, Körnern, Nüssen, Nussmus, Hülsenfrüchten (mindestens 1-2 Mahlzeiten/Woche) und Sojaprodukten (2-4 Portionen am Tag) achten.“

Fazit

„Mithilfe fundierter Ernährungskenntnis­ se und einer hohen Selbstverpflegungsbereitschaft können auch mit einer veganen Ernährungsweise ausreichende Versorgungszustände erzielt werden. Allerdings erfordert eine solche Ernährung die zusätzliche Einnahme eines Vitamin-B12-Präparates sowie die bevorzugte Verwendung von mit Vitamin D und Kalzium angereicherten Produkten (z.B. Sojamilch und Mineralwasser mit einem Gehalt von 300mg Kalzium pro Liter).

Jodiertes Speisesalz ist dem Meersalz vorzuziehen.

Zeigen Blutbild, Knochengesundheit und Schilddrüsenleistung keine Auffälligkeiten, dann reicht ein jährlicher Gesundheitscheck aus.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass eine vegane Ernährungsweise ein größeres Gesundheits- und Ernährungsverständnis sowie eine gewisse Experimentierfreudigkeit beim Zubereiten von Speisen voraussetzt. Die Bekömmlichkeit einer ballaststoffreichen Pflanzenkost muss insbesondere während intensiver Trainingsphasen individuell ausgetestet und optimiert werden.“

Autorin: Dr. Mareike Großhauser
Aktuell ist von Frau Dr. Großhauser im Meyer & Meyer Verlag das Buch „Ernährung im Sport für Vegetarier & Veganer“ erschienen. Die hier vorgestellte Thematik wird dort vertieft und mit Praxistipps anschaulich gemacht. Das Buch hat 216 Seiten und kostet 19.95 €.

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Akupunktur, Ernährung, Fitness- / Personaltraining, Garten und Gesundheit, Heilpflanzenkunde, Homöopathie, Tiermedizin, Verschiedenes

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